Die Fußball-Europameisterschaft findet im kommenden Jahr in Deutschland statt. „Gelsenkirchen und Dortmund zählen zu den Spielorten der EM 2024, da ist es naheliegend, die Fußballkultur im Ruhrgebiet, die für die Menschen hier prägend ist, genauer zu betrachten“, erzählt Manuel Neukirchner, Direktor des Deutschen Fußballmuseums in Dortmund. Ruhr Museums-Direktor Prof. Heinrich Theodor Grütter trägt als Leiter des großen Regionalmuseums des Ruhrgebiets die Idee zu einer Fußballausstellung schon länger mit sich herum. „Mitarbeitern ist aufgefallen, dass wir einen sehr großen Schatz an Fußballmotiven, insbesondere vor Industriekulisse, haben“, sagt er. „Insgesamt besitzt das Ruhr Museum bis zu 60.000 Fotos zur Fußballkultur im Ruhrgebiet in seiner Sammlung.“ Die beiden Museumsdirektoren kennen und schätzen sich, können aber rückblickend nicht mehr sagen, wer zuerst zum Hörer griff, um den anderen nach einer Kooperation zu fragen. „Es ist eine glückliche Fügung“, sagt Manuel Neukirchner. „Es ist eine interdisziplinäre Kooperation zwischen Historiker und Fußballkenner zur Vernetzung der Fußballkultur.“ Prof. Heinrich Theodor Grütter ergänzt: „Mit dieser populären Herangehensweise an Geschichte durch Fußball werden die Historie des Ruhrgebiets und der Ruhrgebietsfußball, der den Wandel der Gesellschaft in einer besonderen Art widerspiegelt, vereint. Der Ruhrgebietsfußball ist ein wesentliches gesellschaftliches und kulturelles Element für das Verständnis der Region.“
11 Themengebiete
Für die ab 8. Mai startende Ausstellung „Mythos und Moderne. Fußball im Ruhrgebiet“ haben die beiden mit ihrem Team mehr als 450 selten oder noch nie gezeigte Fußballfotografien ausgewählt, die auf der 12-Meter- Ebene des Ruhr Museums gezeigt werden. Zunächst bestand die Idee, den Mythos Fußball im Ruhr Museum und die Moderne im Deutschen Fußballmuseum zu präsentieren. Letztlich aber fiel die Entscheidung, das Gestern und Heute nicht zu trennen. „Wir spiegeln die Themen in der Vergangenheit und der Moderne, sie gehören zusammen“, erklärt Prof. Heinrich Theodor Grütter. „Im übertragenen Sinne spielen Mythos und Moderne Doppelpass“, flankiert Manuel Neukirchner den Gedanken. „Wir zeigen ein starkes Stück Ruhrgebiet in fantastischen Bildern.“ Die Ausstellung ist – wie könnte es anders sein – in 11 Themengebiete gegliedert. „Dabei zeigen wir den ganzen Kosmos des Fußballs“, so Manuel Neukirchner weiter. Neben reinen Fußballthemen wie historischen Spielszenen geht es beispielsweise auch um die Wege zum Stadion und vieles mehr. „Die Fankultur lebt von Erinnerungen“, sagt Neukirchner. Diesen Aspekt hält auch Prof. Heinrich Theodor Grütter für entscheidend: „Jeder erinnert sich an bestimmte Szenen und Situationen, die man gesehen hat oder die man selbst beim Fußball erlebt hat.“ So wird Vergangenheit wieder lebendig und Teil unserer Gegenwart.
Fußball und Fotografie
Grundlage dieses Transfers von Geschichte in die Gegenwart sind die ausgewählten Fotos. „Wir zeigen eine Fotoausstellung mit dynamischer, reportagiger Sportfotografie“, sagt Prof. Heinrich Theodor Grütter. „Die Reportagefotografie kann heute mit damals, als die Fotografen noch neben den Torpfosten standen, nicht mithalten“, meint Manuel Neukirchner. Er hält die Nähe der Fotografen zu den Spielern und Zuschauern für ausschlaggebend, um eine Stimmung einzufangen. „Die Fotoästhetik ist heute eine andere.“ „Mein Lieblingsmotiv ist ein Werk von Chargesheimer aus dem Jahr 1957. Es zeigt ein Fußballspiel direkt neben einem Werk“, sagt Manuel Neukirchner. Auch der Historiker Grütter schätzt vor allem die Motive, bei denen Fußball und Industriekultur miteinander verschmelzen. Die Ausstellung präsentiert aber auch moderne Fotografie wie das Werk von Andreas Gursky von der Gelben Wand. Das Bild mit dem Titel „Dortmund“, eine aufwendige Fotomontage im Format 3 mal 2,15 Meter, hatte er 2009 aufgenommen. Gurskys Werk „Rhein II“ gilt als teuerste Fotografie weltweit, die jemals versteigert wurde – für über 4,3 Mio. Dollar.
Titelmotiv: Bolzplatz auf dem freien Gelände vor dem Kraftwerk Scholven, Gladbeck, 16. April 2008. Foto: Dirk Krüll / Deutsches Fußballmuseum