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Über Zollverein
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Dicht im Schacht

Schachtverfüllung auf Zollverein

Umsetzung bis 2024

Die RAG Aktiengesellschaft hat für die Zeit nach dem Bergbau ein Grubenwasserkonzept entwickelt. Das sieht vor, dass im Ruhrgebiet zukünftig nur noch an sechs Stellen Grubenwasser nach Übertage gepumpt wird. Zollverein wird sogenannter Reservestandort. Die Schächte XII und 2 werden deshalb mit Beton verfüllt und Röhren verlegt. Künftig wird dann kein Mensch mehr unter Tage gelangen.

Franz-Josef Vienken steht am ikonischen Doppelbock, schaut auf den großen Kran neben dem alten Backsteinbau und seufzt: „Hier endet ein Stück Bergbaugeschichte.“ Vienken war Maschinist und Zollvereiner und ist an diesem Tag für eine Gruppenführung auf dem Welterbe. Er erinnert sich noch ganz genau an seine Anfahrten auf dem heutigen Welterbe. „Mit einem Krachen ging es los. Dann rauschte der Förderkorb mit knapp über zehn Metern pro Sekunde in die Tiefe – schneller als jeder Fahrstuhl.“ Solche Fahrten werden auf Zollverein schon bald nicht mehr möglich sein.

Franz-Josef Vienken ist Guide auf Zollverein

Seit 35 Jahren wird auf dem Welterbe Zollverein keine Steinkohle mehr gefördert, doch die Arbeiten unter Tage haben auch in den vergangenen Jahrzehnten nie aufgehört: Gigantische Pumpen an Schacht XII und Schacht 2 sind die gesamte Zeit auf Hochtouren gelaufen. Mitarbeiter der RAG, die früher die Kohle aus der Erde geholt haben und sich seit der Schließung der Ruhrgebiets-Zechen um die Folgen kümmern, die der Bergbau in der Region angerichtet hat, arbeiten in 1.000 Metern Tiefe. Dort bedienen sie Pumpen, die dafür sorgen, dass die beiden Schächte nicht mit Wasser volllaufen. „Früher haben wir Grubenwasser gepumpt, damit der Bergmann unter Tage vernünftig arbeiten konnte. Heute pumpen wir das Wasser, weil wir nicht wollen, dass es mit Grund- und Trinkwasser in Berührung kommt“, erklärt Christof Beike, Pressesprecher der RAG.

Hunderte Meter Rohrleitung
Zollverein ist wichtige Stütze des Grubenwasserkonzepts, das Welterbe wird dann zum Reservestandort. Dann sollen keine Menschen mehr in die Anlage fahren können, sondern nur noch Maschinen. Dafür werden hunderte Meter Rohrleitungen in die Tiefe verlegt und der Schacht zudem mit Beton verfüllt. Bis Ende 2024 werden die umfangreichen Umbauarbeiten dauern. Auf Zollverein ist also ein letztes Mal die ganz große Maloche angesagt.

Der Grund für das neue Grubenwasserkonzept fließt ein paar Kilometer nördlich von Zollverein: die Emscher. Früher wurde die „Köttelbecke“ als oberirdische Abwasserleitung genutzt, nun wurde der Fluss aufwendig renaturiert. Deshalb soll von nun an auch kein Grubenwasser mehr in den Fluss fließen. Der neue Weg des Wassers führt unterirdisch in Richtung Rhein, wird erst kurz vor Schluss nach oben gepumpt. Das ist zumindest der Plan. Das Grubenwasser ist belastet. Es nimmt alles mit, was tief unten in der Erde ist. Das sind vor allem Salze. Aber auch Chemikalien, wie beispielsweise PCB. Beike: „Dieser Stoff wurde den Hydraulikflüssigkeiten beigemischt, weil es schwer entflammbar war. Feuer unter Tage galt es unter allen Umständen zu vermeiden. Erst Ende der 1980er Jahre endete diese Praxis. Denn PCB ist äußerst giftig.“ Heute erwarten Behörden und RAG, dass dieser Stoff weiterhin zum allergrößten Teil unter Tage bleibt, denn er ist nicht wasserlöslich und haftet hauptsächlich an Stoffen, die schwerer als Wasser sind. Damit schnell reagiert werden kann, falls das Grubenwasser doch nicht – wie erwartet – untertage in Richtung Rhein fließt, werden die Schächte auf Zollverein nicht einfach nur zugeschüttet. Die kilometerlangen Rohre dienen dem Grubenwasser als Notausgang. Beike: „Wir installieren Rohre, durch die wir später riesige Tauchpumpen nach unten lassen können, die dann auf einer bestimmten Höhe das Grubenwasser abpumpen. Von hier gelangt das Grubenwasser dann in übertägigen Leitungen nach Prosper-Haniel in Bottrop, wo es wieder in die Tiefe abläuft.“

Kran auf dem Werner-Müller-Platz

Arbeiten führen zu Beeinträchtigungen
Zunächst zeugte für wenige Wochen nur ein großer Baukran von den Arbeiten, die in den nächsten Monaten auf Zollverein anstehen. Doch schon in Kürze werden Lkw-Kolonnen mit Beton das Gelände anfahren. Damit diese ihre Fracht in die Schächte verladen können, fahren die Schachtarbeiter vorab unter Tage, um alles für die Baustelle vorzubereiten. Genauso wie Franz-Josef Vienken früher: „Da wurden wir mitunter ganz schön durchgeschüttelt. Teilweise war in den Schächten so viel Kohlenstaub, dass wir kaum die Augen öffnen konnten“, erinnert sich der Maschinist. In den Bereichen, wo er bis 1986 für die Wartung der Förderanlage verantwortlich war, werden seit April Fahrkörbe und Seile der Schachtanlagen ausgebaut. Dann werden Winden aufgestellt, um den Transport von viel Material und mehr Menschen unter Tage sicherzustellen. Momentan beginnt die Demontage der noch vorhandenen Maschinen – auch über Tage. Dazu werden Metallteile ausgebaut, fachgerecht eingelagert und nach der Verfüllung wieder eingebaut. Es folgen die Arbeiten zur Montage von Hilfseinrichtungen für die eigentliche Verfüllung der Schächte. Stück für Stück werden dann auch die kilometerlangen Rohrleitungen in den Schächten eingelassen. Rund 30 Arbeiter sind auf der Baustelle aktiv.

Das alles kann allerdings nicht ohne Beeinträchtigungen für Besucherinnen und Besucher, Mieterinnen und Mieter auf dem Welterbe-Gelände geschehen: Lkw müssen zu den beiden Schächten fahren, Ausrüstung liefern und abtransportieren. Für die Montage werden zeitweise auch Kranwagen aufgestellt. Auch die Verfüllung selbst wird für Einschränkungen sorgen. Dann werden in regelmäßiger Taktung Lkw das Gelände anfahren, um mit einsatzfähigem Beton die Schächte zu verfüllen. Um die Belästigung so gering wie möglich zu halten, werden an den beiden Schächten im Herbst schallisolierende Zelte aufgebaut, in denen die Lkw ihre Ladungen löschen. Teile der Wege rund um den Doppelbock und den Ehrenhof können ebenfalls nicht betreten werden.

Das Erbe schützen
Für die Besucherinnen und Besucher auf Zollverein werden die Umbauarbeiten aber auch lehrreich sein. So will das Welterbe über die einzelnen Baustellenabschnitte informieren. Schaubilder erklären die Schritte der Schachtverfüllung, die Arbeiten der RAG-Mitarbeiter sollen auch in den täglichen Führungen mit ehemaligen Zollvereinern thematisiert werden. Ende 2024 sollen dann die denkmalgeschützten Maschinen und Bauelemente wieder an ihrem angestammten Platz stehen und Zollverein über Tage wieder so aussehen wie zuvor. Christof Beike: „Zollverein ist Welterbe, die Anlage steht unter Denkmalschutz und wir sehen es als unsere Verpflichtung an, dass wir das Erbe so hinterlassen, wie wir es vorgefunden haben.“

Ewigkeitsaufgaben
Rund 60.000 Schächte, Gruben und Stollen gibt es im Ruhrgebiet. Schon während der aktiven Abbauzeit der Steinkohle musste Regenwasser aus der Tiefe hinaufgepumpt werden. Ansonsten wären die Schächte vollgelaufen. Das hätte die Arbeiten unter Tage unmöglich gemacht. Auch über Tage laufen Hunderte von Pumpen. Stellenweise ist das Ruhrgebiet bis zu 25 Meter abgesackt. Ohne Pumpen würde es einer Seelandschaft gleichen. Alle diese Pumpen werden auf Dauer laufen müssen. Daher spricht man von Ewigkeitsaufgaben.