Was war für Sie die größte Herausforderung beim Ausbau der Gondeln?
Janik Fornefeld: Das Sonnenrad ist schon seit über 20 Jahren der Witterung ausgesetzt – entsprechend sind die Schrauben zum Teil verrostet und die Lager festgebacken. Das alles sicher und in der Höhe zu demontieren, hat ein hohes Maß an Koordination erfordert.
Was war der aufregendste Moment für Sie?
Thomas Böhme: Als sich die erste Gondel gelöst hat – das war für mich der spannendste Moment. Also wie verhält sich der Kran, wie verhalten sich die Gondeln? So etwas wie den Abbau des Sonnenrads hat bisher ja niemand gemacht. Das ist oft so beim Industrieklettern: Wir stellen uns Aufgaben, für die es vorab keinen perfekten Plan gibt.
Welche Eigenschaften sollten Industriekletterer mitbringen?
Fornefeld: In erster Linie natürlich keine Höhenangst (lacht). Konzentrationsfähigkeit ist sehr wichtig, man muss jederzeit wissen, was man gerade macht. Und Teamfähigkeit auf jeden Fall, weil wir niemals alleine arbeiten. Man muss sich immer bewusst machen, dass wir mit unserem eigenen Leben dranhängen, aber natürlich auch unsere Kollegen. Man darf den Respekt vor der Höhe nicht verlieren und muss besonnen bleiben.
Böhme: Da stimme ich absolut zu und würde noch ergänzen: Man sollte sich gerne neuen Herausforderungen stellen. Bei mir war es gerade in der Ausbildung so, dass ich besonders auf speziellere Jobs Bock hatte. Jobs, wo es extrem eng, hoch, dreckig oder anspruchsvoll war. Ich beschreibe Industrieklettern immer so: Es ist wie die Spezialeinheit des Hand-werks.
Was hat das Sonnenrad für Sie zu einem besonderen Arbeitsplatz gemacht?
Fornefeld: Die Kokerei Zollverein ist ein schöner Ort der deutschen Industriegeschichte. Und es ist hier einfach etwas Besonderes, weil das Sonnenrad an sich einzigartig ist. Ich bin auf jeden Fall stolz, bei der Demontage dabei gewesen zu sein.
Böhme: Ich bin ein Ruhrpott-Kind – für mich gibt es nichts Größeres als diesen alten industriellen Charme.
Hatten Sie Zweifel, ob die Demontage der Gondeln funktioniert?
Böhme: Ganz ehrlich: Nein. Hier wurden gute Vorbereitungen getroffen und von Gondel zu Gondel lief es besser. Bei uns gilt sowieso ‚Geht nicht? Gibt’s nicht!‘, denn den einen oder anderen Trick haben wir immer auf Lager.
Fornefeld: Das würde ich auch sagen. Man muss sich gegebenenfalls mal fünf Minuten sammeln, sich das Ganze anschauen, überlegen und dann kommen wir zu einem Konsens. Da spielt uns in die Karten, dass wir alle als Industriekletterer eigene Erfahrungen gemacht haben und aus verschiedenen Fachbereichen kommen.
Sie erhalten eine Gondel des Sonnenrads. Was passiert damit?
Fornefeld: Meine kommt in den Garten, da wird sich meine Mutter drüber freuen. Und vielleicht bauen wir die dann noch ein bisschen um zu einem kleinen Gewächshaus.
Böhme: Meine Gondel bekommt ebenfalls einen Ehrenplatz im Garten. Ob sie dann erstmal so bleibt oder zu einer angenehmen, schöneren Bank oder sogar zu einer Sauna umgebaut wird– das ist noch offen.
Das Interview führte Doreen Scholz.