Essen. Unter großem Zuspruch fand am Mittwochabend (19. November 2025) die Veranstaltung „Tacheles im Oktogon“ im beeindruckenden Ambiente des OKTOGON auf dem UNESCO-Welterbe Zollverein statt. Das etablierte Talkformat versammelt seit 2018 hochkarätige Rednerinnen und Redner aus Wissenschaft, Politik, Verwaltung und Wirtschaft – veranstaltet von der Gesellschaft der Freunde und Förderer der Stiftung Zollverein e. V. „Tacheles“ widmete sich in der aktuellen Ausgabe dem Thema „Das Ruhrgebiet – zwischen Industriekultur, Identität und Innovation“ und bot seinen Gästen spannende Impulse, lebendige Diskussionen sowie einige Rück- und Ausblicke.
Diskussion zur Industriekultur
Das Ruhrgebiet ist stolz auf seine Industriekultur. Zurecht: Seit der Entdeckung der besonderen architektonischen und städtebaulichen Werte des Reviers im Zuge der IBA Emscherpark sind zahlreiche Zeugnisse des Montanzeitalters restauriert oder teils zu Ikonen der Industriekultur weiterentwickelt worden – von liebevoll erhaltenen Kleinstzechen über das Stahlwerk als Landschaftspark bis zum UNESCO-Welterbe Zollverein. Entstanden ist eine einmalige Landschaft von Industriedenkmälern, die über den musealen Charakter hinaus auch touristisch attraktiv ist und vielfach identitätsstiftend wirkt. Aber wie viel Industriekultur verträgt die Region, und wo stehen Folklore und allgegenwärtige Fördertürme einem zeitgemäßen Zukunftsbild und der Entwicklung zur innovativen Wirtschaftsmetropole entgegen? Damit beschäftigten sich ausgewiesene Experten im Rahmen von „Tacheles im Oktogon“.
So plädierte Prof. Joseph Hoppe, Leiter des Berliner Zentrums Industriekultur, in seinem Impuls ausdrücklich für die Stärkung eines Unternehmertums im Rahmen der Industriekultur. Dazu brauche es besondere Menschen: empathisch, mit Herz und Verstand, mit Sinn für Tradition. Wichtig sei, dass die Macher der Industriekultur zunehmend „Trüffelschweine sind im Entdecken von neuen Finanzierungspartnern.“ Prof. Dr. Renée Tribble, TU Dortmund, Expertin für Stadtgestaltungsprozesse, schärfte den Blick für die „kleinen Sachen“, mit denen Transformation gestaltet wird – anhand von Praxisbeispielen aus der gesamten Region. Und Garrelt Duin, Regionaldirektor des Regionalverbands Ruhr, beschrieb in seinem Vortrag das „neue Ruhrgebiet“. Dieses sei exzellent, dynamisch, sozial, grün, kreativ und vor allem ohne Industriekultur gar nicht denkbar. Die anschließende Diskussion moderierten Stefan Prott und Ralf Schütte, beide Vorstandsmitglieder der Freunde Zollverein.
Besondere Ehrungen und neuer Vorstandsvorsitzender
Emotionaler Höhepunkt des Abends war die besondere Würdigung zweier Persönlichkeiten, die die Entwicklung des Welterbes Zollverein geprägt haben: Prof. Dr. Hans-Peter Noll und Prof. Heinrich Theodor Grütter wurden im Rahmen der Veranstaltung durch Dr. Anneliese Rauhut, Vorsitzende der Freunde Zollverein, feierlich geehrt. Mit ihrem Ausscheiden aus der Stiftung Zollverein als Vorstände endet eine Ära, die seit 2017 durch Weitblick, Verantwortung und mutige Entscheidungen gekennzeichnet war. Unter ihrer Leitung wurde Zollverein zu einem internationalen Referenzort für Strukturwandel – einem Symbol dafür, wie industrielle Vergangenheit zu einem Motor für Zukunft werden kann.
„Tacheles im Oktogon“ bot außerdem den Rahmen, Christoph Tesche als neuen Vorstandsvorsitzenden der Stiftung Zollverein vorzustellen. Tesche, der sein Amt am 1. November 2025 angetreten hat, bringt Neugier, Gestaltungswillen und einen klaren Blick nach vorn mit. Als langjähriger Bürgermeister der Stadt Recklinghausen weiß er, wie sich komplexe Entwicklungen verantwortungsvoll steuern lassen – und dass Wandel nur gelingt, wenn dies in Einklang mit den beteiligten Menschen geschieht: „Ich habe eine große Wertschätzung für die Menschen, die unter und über Tage gearbeitet haben – und für das, was sie geleistet haben. Ihre Geschichte verdient es, weitergetragen zu werden.“
So endete ein Abend, der dem Anspruch des Formats „Tacheles im Oktogon“ gerecht wurde: offen, klar und zukunftsorientiert Tacheles zu reden – über eine Region, die geprägt ist von Industriekultur, Identität und Innovation.
Tacheles auf Zollverein
Seit 2018 treffen in diesem Talkformat hochkarätige Rednerinnen und Redner aus Wissenschaft, Politik, Verwaltung und Wirtschaft auf ausgewählte Gäste aus dem Ruhrgebiet. Die Themen der Veranstaltungsreihe „Tacheles im Oktogon“ drehen sich um die notwendige Transformation der Gesellschaft und betreffen den Wandel in den unterschiedlichsten Bereichen wie Wohnen, Arbeit, Freizeit und Umwelt. Das Ziel einer offenen Gesellschaft mit mehr Beteiligung und Diversität fest im Blick, richtet sich „Tacheles im Oktogon“ an all diejenigen, die sich für die Veränderungen der Region interessieren und die Zukunft der Metropole Ruhr mitgestalten möchten.
Über den Veranstalter: Gesellschaft der Freunde und Förderer der Stiftung Zollverein e.V.
Seit der Gründung des Fördervereins „Gesellschaft der Freunde und Förderer der Stiftung Zollverein“ im Jahr 2001 leistet dieser einen zentralen Beitrag zum reichhaltigen Kulturleben, mit dem das UNESCO-Welterbe Zollverein heute Hundertausende von Besucherinnen und Besuchern anzieht: Über 1,5 Millionen Euro für mehr als 310 geförderte Projekte sprechen für sich. So ermöglichte der über 600 Mitglieder starke Verein in den vergangenen 20 Jahren zahlreiche Musik- und Theaterfestivals, Konzerte, Ausstellungen, Lesungen und Großveranstaltungen wie z.B. das Große Zechenfest. Aber auch der freie Eintritt auf Zollverein für Menschen aus dem Stadtteil geht auf das Engagement der Freunde Zollverein zurück. www.zollverein.de/sponsoren-foerderer/freunde/