Als Industriekomplex wurde Zollverein für Maschinen gebaut, nicht für Menschen. Doch heute stehen die Maschinen still und das Gelände allen offen. Die Aufgabe, Barrieren abzubauen und den Standort inklusiv zu gestalten, ist anspruchsvoll: Das UNESCO-Welterbe Zollverein umfasst 100 Hektar und rund 90 denkmalgeschützte Gebäude. Diese waren weder für die heutige Nutzung – beispielsweise als Ausstellungsorte – gedacht noch sind sie an barrierefrei Standards angepasst. Eine vollständige Barrierefreiheit wird daher nicht überall erreichbar sein; der Herausforderung stellt sich Zollverein mit klarer Haltung und realistischem Optimismus. Das Leitbild: Vielfalt und Inklusion werden selbstverständlich – sichtbar, erlebbar und im Alltag verankert.
Inklusion versteht die Stiftung Zollverein als gesellschaftlichen Auftrag: Im Mittelpunkt steht der Mensch und wie er das Welterbe bestmöglich erlebt. In der Vergangenheit wurden Menschen mit Einschränkungen nicht immer ausreichend mitgedacht. Genau das ändert die Stiftung Zollverein mit dem Ziel, allen Menschen – unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Religion, Behinderung und Alter – eine gleichberechtigte Teilhabe zu ermöglichen. Der Zugang zum Welterbe soll Menschen mit körperlichen, kognitiven oder psychischen Beeinträchtigungen ebenso erleichtert werden wie allen mit fehlenden Sprachkenntnissen. Teilhabe versteht die Stiftung Zollverein nicht als Zusatz, sondern als grundlegendes Prinzip.
Gäste treffen auf dem UNESCO-Welterbe Zollverein auf bauliche Barrieren. Diese umfassen die Zugänglichkeit von Wegen, Räumen und Gebäuden. Der Denkmalschutz und die historische Bausubstanz, die Touristinnen und Touristen nie mitdachte, stellen besondere Herausforderungen dar. Die Stiftung Zollverein arbeitet daran, eine umfassende und inklusive Gästeführung zu entwickeln, die den unterschiedlichen Bedürfnissen gerecht wird und eine Orientierung für die zugänglichen Bereiche bietet.
Vielfältige Sprachen beziehungsweise verschiedene Sprachfähigkeiten zählen ebenfalls zu möglichen Barrieren. Informationen über das UNESCO-Welterbe müssen daher in unterschiedlichen Sprachen und Formaten verfügbar sein – ob in Leichter Sprache, Gebärdensprache, einer Fremdsprache, Brailleschrift, auditiven oder taktilen Formen. Nur wer Informationen für sich verständlich vorfindet, kann selbst bestimmt teilhaben. Daher setzt sich die Stiftung Zollverein beispielsweise für den Ausbau von Führungsangeboten in Leichter Sprache oder für Menschen mit Einschränkungen ein.
Digitale Teilhabe ist im 21. Jahrhundert kein Luxus, sondern eine Voraussetzung für kulturelle und gesellschaftliche Mitwirkung. Daher wird es immer relevanter, digitale Barrieren abzubauen und Webangebote, Apps oder andere digitale Vermittlungselemente barrierearm und inklusiv zu gestalten. Digitale Endgeräte stellen inzwischen eine große Unterstützung dar, weil sie mithilfe neuer Technologien unterschiedlichste Anwendungen ermöglichen – seien es eine Vorlesefunktion und Braille-Tastatur für Seheingeschränkte, Untertitel in Filmen und Videos für Gehörlose oder Übersetzungen, teils sogar in Gebärdensprache.
Partizipative Barrieren entstehen, wenn Menschen nicht eingebunden sind und werden. Zollverein als Ort für alle ist eine Einladung, hier heißt Inklusion: Brücken bauen, aktiv einladen, aufeinander zugehen und gemeinsam gestalten – zum Beispiel in der Stadtteilarbeit durch gezielte Beteiligungsprojekte. Das von der RAG-Stiftung geförderte Projekt „Zollverein – Das Quartier“ etwa fokussiert sich auf Projekte aus den umliegenden Stadtteilen und den Einbezug der Gemeinschaft in unmittelbarer Nachbarschaft zum Welterbe. Zentrales Anliegen der Stiftung Zollverein dabei ist, die hier lebenden Menschen, die vielfach eine Einwanderungsgeschichte mitbringen, für mehr Teilhabe, Austausch und gemeinsame Projekte zu gewinnen. Darüber hinaus engagiert sich die Stiftung Zollverein für mehr Chancengleichheit, sowohl auf dem UNESCO-Welterbe als auch intern.
Als UNESCO-Welterbe ist Zollverein ein Ort mit Strahlkraft und möchte daher eine Vorbildrolle einnehmen. Es ist Innovationsstandort und Reallabor: Auf dem Weg zur bestmöglichen Inklusion und Barrierefreiheit arbeitet die Stiftung Zollverein mit vielfältigen Partnerinnen und Partnern zusammen, testet neue Lösungen, führt Projekte weiter oder verwerfen sie – und sie lernt dazu. Im Mittelpunkt steht nicht nur das Ergebnis, sondern der gemeinsame Prozess. Wichtig sind der Austausch und der Mut, neue Wege zu gehen.