Die Sonne scheint, die Vögel zwitschern, nach langen grauen Wintertagen macht sich die Hoffnung auf Frühling breit, auf meinem Weg zur Stiftung Zollverein. Dort empfangen mich Carola Bühn und Melanie Kemner, die mir von den Kunst- und Kultur-Projekten der Stiftung für das Jahr 2025 berichten, und vom Jahresthema (T)Räume, unter dem die Projekte stehen: „Es ist ein Spiel mit dem realen Raum auf der einen und dem Traum auf der anderen Seite“, erklärt Carola Bühn. „Wir wollen Raum bieten für Geschichten. Wir fragen nach der Welt, in der wir leben, und nach der Welt, in der wir leben werden.“
Neues Festivalformat
Das sichtbarste Projekt in diesem Jahr wird der BOULEVARD of DREAMS. Er zelebriert den Zollverein Park, der 20 Jahre alt wird, und bespielt ihn vom 12. Juni bis zum 13. Juli künstlerisch. „Der Park ist ein toller Aufenthaltsort zum Entspannen und Genießen“, schwärmt Melanie Kemner. „Hier wird der Wandel des Ruhrgebiets konkret sichtbar, fühlbar und hörbar.“ Mit Konzerten, Lesungen, Workshops, Performances und Installationen wird der BOULEVARD bespielt – unter freiem Himmel und kostenlos zugänglich. An vier Wochenenden (15. und 22. Juni, 6. und 13. Juli, jeweils 12–17 Uhr) wird es die „Hurra! Familiensonntage“ geben, an denen spezielle Angebote Kinder und Eltern gleichermaßen begeistern. Es wird voraussichtlich nicht der letzte BOULEVARD of DREAMS bleiben. „Das Festival soll in den kommenden Jahren wachsen“, erklärt Carola Bühn. „Mit dem Feedback der Besuchenden.“
Zollverein lädt ein
„Mit unserem Programm möchten wir Räume für ästhetische Erlebnisse und Begegnungen schaff en“, erklärt Melanie Kemner. Ein Beispiel ist der Kunstspaziergang mit Baby, der von April bis Oktober jeden ersten Mittwoch im Monat um 10 Uhr Elternteile mit ihren bis zu einem Jahr alten Kindern sowie Begleitpersonen einlädt, mit Kinderwagen oder Trage Kunstwerke auf Zollverein zu erkunden. Pausen zum Stillen, Füttern, Wickeln inklusive.
Für die Kunst- und Kultur-Projekte auf Zollverein gilt grundsätzlich: Die Vielfalt der Gesellschaft soll sich im Publikum und in den mitwirkenden Künstlerinnen und Künstlern widerspiegeln. „Wir laden dazu ein, an den Kunst- und Kulturprojekten teilzuhaben, mitzugestalten“, sagt Carola Bühn. „Dafür suchen wir verstärkt das Gespräch mit Besucherinnen und Besuchern sowie Bewohnerinnen und Bewohnern.“ Zum Beispiel dann, wenn EZRA vorfährt. Ausgestattet mit Espressobar, Sitzgelegenheiten, Büchern, Staffeleien, Spielen und einer DJ-Anlage schaff t die fahrende mobile Kunstinstallation, eine umgestaltete alte Dreirad-Vespa, einen Ort des Austauschs und der Begegnung. Die mobile Gefährtin kommt erstmals im Rahmen der Saisoneröffnung am 30. März zum Einsatz und begleitet künftig einzelne Kulturveranstaltungen. Auch zu anderen Ereignissen auf dem Welterbe-Gelände und im Stadtteil ist das Mobil unterwegs. „Mit EZRA sprechen wir eine Einladung, eine große Umarmung aus“, sagt Carola Bühn lächelnd.
Schöne Aussichten
Auch der ThirstDay ist ein neues Format. „Damit wollen wir den regelmäßigen und verlässlichen Durst nach kulturellem Austausch und Zusammenkunft stillen“, berichtet Carola Bühn. Zum Beispiel: Lesungen, Kabarett, Konzerte. Auch wenn der ThirstDay an den allermeisten Donnerstagen von Mai bis Dezember – ausgenommen Feier- und Ferientage – stattfi ndet, rät Carola Bühn allen Interessierten, online die Termine zu checken, schon weil der Ort variiert. Im Anschluss gibt es jeweils ein Get-together mit Getränken. Los geht es am 8. Mai in Halle 6 mit „What is this thing called love?“, einem Abend mit Geschichten und Lyrik der 30er-Jahre, von und mit der Schauspielerin Katja Heinrich. Am 15. Mai, ebenfalls in Halle 6, unterhält Cellistin Katrin Geelvink mit Chansons, Musik-Kabarett und Mikrodramen.
Und auch ich gerate ins Träumen, während Melanie Kemner und Carola Bühn begeistert weitererzählen von Projekten, in die so viel Herzblut fließt. Sie erzählen von den Installationen und Skulpturen, die es zu entdecken lohnt. Zum Beispiel mit dem Format Yoga und Kunst, bei dem während einer Yogastunde auf der Kunstwiese Körper, Geist und ästhetisches Kunstempfinden miteinander verbunden werden (11. Mai, 18. Mai, 15. Juni, 22. Juni, 6. Juli, 20. Juli, jeweils 10 Uhr). Sie erzählen von der Installation La Primavera von Maria Nordman, die vom 30. März bis 28. September erfahrbar ist. Und von der Kunstinstallation The Palace of Projects, die Ilya und Emilia Kabakov bereits 2001 im ehemaligen Salzlager der Kokerei errichteten und die im Rahmen von Workshops von Kindern wie Erwachsenen neu entdeckt werden kann.
Jede Menge Kunst und Kultur
Natürlich werden nicht nur neue Formate initiiert, sondern auch Bewährtes wird fortgesetzt. Die ExtraSchicht zum Beispiel, die Kooperationen mit der contemporary art ruhr (C.A.R.), dem CHORWERK RUHR, dem Klavier-Festival Ruhr, der Ruhrtriennale, dem Folkwang Kammerorchester, der lit.RUHR, dem Pixelprojekt_Ruhrgebiet oder der Ausstellung 100 beste Plakate in Kooperation mit dem Deutschen Plakatmuseum und dem Museum Folkwang. Zur Saisoneröffnung und dem Welterbetag trägt das Team von Kunst und Kultur ebenfalls bei.
Auch auf den Herbst und Winter geben Melanie Kemner und Carola Bühn Ausblick. Einen Maskenball wird es geben, ein Fest des Scheins und Seins, das erstmals auf Zollverein stattfinden wird. Zeit für Zirkus, ein Festival Mitte November, an dem sich Zollverein beteiligen wird. Ein Weihnachtsliederauffrischungsseminar an der Eisbahn. Und viele weitere Konzerte und Performances … Die Erzählungen klingen noch nach in meinem Kopf, als ich schon wieder auf dem Rückweg zur Bahn bin. Die Sonne scheint, die Vögel zwitschern und die Vorfreude ist groß auf Frühling, Sommer, Herbst und Winter voller Kunst und Kultur auf Zollverein.
Text: Sarah Meyer-Dietrich
Stiftung Zollverein
Bullmannaue 11, 45327 Essen
Die Kunst- und Kulturveranstaltungen finden in verschiedenen Hallen auf dem UNESCO-Welterbe Zollverein statt.