Zur Eindämmung der Corona-Pandemie wurden viele Veranstaltungen, Führungs- und Freizeitangebote abgesagt. Die aktuelle Coronaschutzverordnung des Landes und die Allgemeinverfügung der Stadt Essen ermöglichen die Öffnung der musealen Angebote, das Ruhr Museum, das Red Dot Design Museum sowie das Phänomania Erfahrungsfeld begrüßen aktuell Gäste. Voraussetzung für einen Besuch ist ein tagesaktuelles negatives Schnelltestergebnis (Schnelltests können in Halle 12 durchgeführt werden), ein Zeitfensterticket und die Dokumentation der Kontaktdaten (Ruhr Museum mit Luca-App möglich). Zollverein-Führungen finden nicht statt.
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Weitere Informationen finden Sie auf www.zollverein.de/corona.
Hundert Jahre nach der Geburt von Joseph Beuys widmen rund 20 Kulturinstitutionen in zwölf NRW-Städten dem Jahrhundertkünstler unter dem Titel „beuys 2021. 100 jahre joseph beuys“ ein außergewöhnliches Jubiläumsprogramm. Das UNESCO-Welterbe Zollverein beteiligt sich mit der Ausstellung „Die Unsichtbare Skulptur – Der Erweiterte Kunstbegriff nach Joseph Beuys“. Die Schau in Halle 8 auf Schacht XII des UNESCO-Welterbes nimmt einen kulturhistorischen Standpunkt ein und schlägt eine Brücke in die Gegenwart: Die dreigliedrige Ausstellung beleuchtet die für Beuys‘ Werk zentralen Themen Demokratie, Ökologie und Kreativität und nimmt sein Konzept der „Unsichtbaren Skulptur“ in den Blick. Der Ausnahmekünstler rückte bewusst Ideen und kreative Prozesse in den Mittelpunkt seiner Arbeit. Die schöpferische Kraft der Kunst sollte neu entfaltet werden, um eine freie, nachhaltige und lebenswerte Gesellschaft als „Soziale Skulptur“ aufzubauen. Wie innovativ Joseph Beuys‘ Ideen schon damals waren, wird erst im Rückblick deutlich, wie Johannes Stüttgen, Beuys-Mitarbeiter und Mitglied des Ausstellungsteams, herausstellt: „Sein neues Verständnis von Kreativität und seine Ideen waren zur damaligen Zeit überaus innovativ. In seinem Kampf für einen verantwortungsvollen Umgang mit der Natur war Beuys seiner Zeit kilometerweit voraus. Deshalb hat man ihn mitunter für verrückt erklärt.“
Zur Person
Joseph Beuys – 1921 in Krefeld geboren, in Kleve aufgewachsen und 1986 in Düsseldorf gestorben – war Zeichner, Bildhauer, Aktions- und Installationskünstler, Lehrer, Politiker und Aktivist. Neben Marcel Duchamp, John Cage und Andy Warhol gilt er als einer der bedeutendsten Künstler des 20. Jahrhunderts. Beuys steht unter anderem für eine radikal veränderte Wahrnehmung der Grenzen und Aufgaben von Kunst. In seinem Werk befasste er sich mit Fragen des Humanismus, der Sozialphilosophie und Anthropologie. Seine Kriegserfahrungen als Soldat nahmen wesentlichen Einfluss auf die Entwicklung seiner Arbeit, die auf eine radikale Demokratisierung der Gesellschaft abzielte. Bis heute ist sein Einfluss aus künstlerischen und politischen Diskursen nicht wegzudenken.
Das Jubiläumsprogramm
„beuys 2021. 100 jahre joseph beuys“ ist ein Projekt des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen in Zusammenarbeit mit der Heinrich- Heine-Universität Düsseldorf als Träger. Über das Jahr 2021 hinweg erforscht das Jubiläumsprogramm in Ausstellungen und Performances, Symposien und Seminaren sowie zahlreichen weiteren Veranstaltungen das komplexe Wirken von Joseph Beuys und würdigt seine internationale Ausstrahlung. Es lädt dazu ein, die Künstlerpersönlichkeit neu zu entdecken und kritisch zu hinterfragen.
Gesellschaftspolitische Dimensionen
Die Ausstellung umreißt die Frage nach der direkten Demokratie als einen zentralen Ansatz im Werk des niederrheinischen Künstlers. Beuys habe seine Zeitgenossen aufgefordert, die von ihm so empfundene Diktatur der Parteien zu überwinden. Er war jedoch selbst maßgeblich an der Gründung der Deutschen Studentenpartei (1967) und der „Grünen“ (1980) beteiligt. „Dies ist nur ein Scheinwiderspruch, den wir im Rahmen der Ausstellung auflösen wollen“, sagt Prof. Heinrich Theodor Grütter, Vorstand der Stiftung Zollverein und Direktor des Ruhr Museums. Es geht um die gesellschaftspolitische Dimension im Werk von Joseph Beuys und ihre Bedeutung für Gegenwart und Zukunft. Der Bildungsaspekt spielte für Beuys eine große Rolle – ein weiteres Thema, das aus der gesellschaftlichen Debatte heutzutage nicht mehr wegzudenken ist. Beuys sei, so Johannes Stüttgen, nicht nur Künstler, sondern vor allem Lehrer gewesen, und jeder Lehrer müsse Künstler werden. „Beuys hat bereits vor 60 Jahren erkannt, dass Bildung die zentrale Herausforderung unserer Zeit ist. Mit dem Beginn seiner Arbeit alsLehrer an der Kunstakademie 1961 wurde das Lehrer-Schüler-Verhältnis neu definiert.“ Der Beuys-Mitarbeiter Johannes Stüttgen, der ab 1971 als Kunsterzieher am Gelsenkirchener Grillo-Gymnasium arbeitete und dort eine Arbeitsgruppe der Freien Internationalen Universität (FIU) leitete, erklärt im Rückblick: „Mir ist damals klar geworden, dass die Kunst aus dieser Kiste, die das Fach beschreibt, befreit werden muss, weil sie sich auf alles bezieht. Jedes Fach muss im Sinne der Kunst neu ins Bewusstsein gelangen.“
Beuys und das Ruhrgebiet
Neben zentralen Werken und unveröffentlichten Materialien reflektiert die Ausstellung in Halle 8 auch die Verbindung des Künstlers zum Ruhrgebiet. Die von Beuys gegründete FIU hatte Zweigstellen in Gelsenkirchen und Essen. Kurator Achim Weber, der damals am Gelsenkirchener Grillo-Gymnasium ein Schüler von Johannes Stüttgen war, erinnert sich an die Aktivitäten der Kunst-AG Fluxus Zone West in den 1970er-Jahren: „Beuys beobachtete diesen Prozess und die Vorgänge in Gelsenkirchen sehr genau. 1976 zeigte Stüttgen Beuys die Arbeiten seiner Schülerinnen und Schüler. Der Künstler war von den Arbeiten begeistert und nahm diese im Jahr darauf mit zur documenta 6. Wir Schüler fühlten uns ernstgenommen.“ Dabei müsse man sich vor Augen halten, dass das Ruhrgebiet zur damaligen Zeit kein Ort der Kunst war. „Gelsenkirchen war die Stadt der Arbeit und keine Stadt der Kunst“, sagt Achim Weber rückblickend. Gerne erinnert er sich zurück, wie er mit seinen Mitschülern der Kunst-AG über das Konzept der freien Schule diskutierte oder sich davon ausgehend mit der Frage der direkten Demokratie beschäftigte. Themen, die auch in der Schau angesprochen werden: „Diese Begriffe wie Demokratie, Politik oder Ökologie versuchen wir nun in der Ausstellung unter dem Kunstbegriff vorzuführen.“
Ringgespräche und Führungen
In der lichtdurchfluteten oberen Etage der Halle 8, die nun erstmals als Ausstellungsraum genutzt wird, sind nahezu ausschließlich Exponate von Joseph Beuys zu sehen. „In diesem Bereich thematisiert die Schau die drei Aspekte Demokratie, Ökologie und Kreativität. Die unsichtbare Skulptur entsteht in den Zwischenräumen“, erklärt Achim Weber. Im unteren Bereich der Halle zeigt die Ausstellung, welche Arbeit in Gelsenkirchen und Essen von der Freien Internationalen Universität und der Kunst-AG Fluxus Zone West geleistet wurde. Kuratorin Carla Zimmermann und ihr Kollege Christoph Schurian haben für die Kompressor- Ebene eine Medien-Installation entwickelt, die die Brücke zur Gegenwart schlägt und aktuelle Bezüge zu Beuys‘ Werk aufzeigt. Zusätzlich laden wöchentliche Ringgespräche unter der Leitung von Johannes Stüttgen an jedem Dienstagabend ab 18.30 Uhr zur Auseinandersetzung mit Fragen nach dem gesellschaftlichen Zusammenleben, dem Verhältnis Mensch-Natur und dem „Erweiterten Kunstbegriff“ ein. Da keine Gesprächsrunde der anderen gleicht, lohnt es sich, mehrfach teilzunehmen.
Stiftung Zollverein und Ruhr Museum
Zur Eindämmung der Corona-Pandemie wurden viele Veranstaltungen, Führungs- und Freizeitangebote abgesagt. Die aktuelle Coronaschutzverordnung des Landes und die Allgemeinverfügung der Stadt Essen ermöglichen die Öffnung der musealen Angebote, das Ruhr Museum, das Red Dot Design Museum sowie das Phänomania Erfahrungsfeld begrüßen aktuell Gäste. Voraussetzung für einen Besuch ist ein tagesaktuelles negatives Schnelltestergebnis (Schnelltests können in Halle 12 durchgeführt werden), ein Zeitfensterticket und die Dokumentation der Kontaktdaten (Ruhr Museum mit Luca-App möglich). Zollverein-Führungen finden nicht statt.
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Weitere Informationen finden Sie auf www.zollverein.de/corona.